Fabelhafte erste Halbzeit
legte Grundstein für 5:2 in Leipzig
Nach einer speziell in der ersten Halbzeit
ausgezeichneten Leistung gewann Oberliga-Spitzenreiter 1. FC Magdeburg
das Gipfeltreffen bei Verfolger VfB Leipzig unerwartet deutlich mit
5:2 (4:0) und steht damit vier Spieltage vor Ultimo praktisch als Staffelsieger
fest. Vor 8050 Zuschauern, darunter knapp 2000 aus Magdeburg, erzielten
Maslej (7.), Franz (17.), Ivanovic (29./38.) und Papic (72.) die Gäste-Tore,
beim VfB keimte nach Treffern von Krznaric (48.) und Jülich (51.)
nur kurzzeitig Hoffnung auf.
Von Uwe Tiedemann
Leipzig. "Die erste Halbzeit war sensationell. Besser kann man
fast nicht Fußball spielen", freute sich FCM-Trainer Eberhard
Vogel über die Gala-Vorstellung seiner Schützlinge. Die gingen
schon früh nach Hannemanns Ecke durch Maslej - beide haben im Übrigen
ihre Verträge beim Club verlängert - per Kopf in Führung
(7.). Dieser Eckball, den zuvor Lücke gegen Kipping herausgeholt
und ihn dabei schwer verletzt hatte (Kapsel), war sehr umstritten. Der
VfB protestierte, Schiri Weber hatte jedoch keinen Regelverstoß
gesehen.
Nach 17 Minuten legte Franz, dessen Wechsel zum VfL Wolfsburg so ziemlich
beschlossene Sache ist, ein Riesen-Solo hin (ein Abspiel wäre wegen
Abseitsstellung seiner Kollegen auch nicht möglich gewesen) und
schob die Kugel dann an Grundmann vorbei ins lange Eck - 0:2. Doch damit
nicht genug: Ivanovic vollendete einen der zahlreichen blitzsauber vorgetragenen
Konter zum 0:3 (29.) und sorgte noch vor der Pause sogar für das
0:4, als er von einer verunglückten Kopfballvorlage des Leipzigers
Görke profitierte. Der FCM befand sich im Taumel der Glückseligkeit,
denn mit einem solchen Ergebnis hatten selbst die kühnsten Optimisten
nicht gerechnet.
Doch die geschockten Platzherren gaben sich noch nicht geschlagen. Als
zunächst Krznaric (48.) und keine 180 Sekunden später Jülich
gegen eine lückenhafte FCM-Abwehr - in der zweiten Hälfte
ohne den am Knöchel verletzten Maslej - auf 1:4 und 2:4 verkürzten,
schien vielleicht doch noch die Wende möglich. Doch nachdem FCM
in einigen brenzligen Situationen Glück hatte und durch einen von
Papic erfolgreich abgeschlossenen Konter auf 2:5 erhöhte (72.),
waren endgültig alle Messen gesungen.
Wenn man an diesem Tage für den FCM überhaupt kritische Worte
finden wollte, dann die: der Tabellenführer vergab weitere hochkarätige
Konterchancen einfach zu leichtfertig, hätte in der Schlussphase
deutlich höher gewinnen können, ja müssen.
Egal. Mit nunmehr sieben Punkten Vorsprung dürfte dem Team Platz
eins nicht mehr zu nehmen sein und damit die beiden Relegationsspiele
gegen den BFC Dynamo (dessen Trainer Jürgen Bogs war am Sonnabend
aufmerksamer Beobachter). Das sah auch Vogel so: "Jetzt müssten
wir es gepackt haben." Kapitän Bodo Schmidt hingegen blieb
vorsichtig: "Es war eine Vorführung in der ersten Halbzeit,
hat richtig Spaß gemacht. Der Gegner musste kommen, wir hatten
somit endlich einmal genügend Räume zum Kontern. Glückwünsche
nehmen wir aber noch nicht an. Das wäre geradezu fahrlässig."
Für Leipzig ist die Sache aber gegessen. Steffens: "Der FCM
ist durch." Und die VfB-Fans breiteten zwei bemerkenswerte Plakate
aus: "Danke für die tolle Saison - Wir gratulieren dem FCM
zum Staffelsieg"
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Magdeburger Nadelstiche
ins Herz des VfB
Leipziger beim 2:5 ausgekontert / Meisterschaft entschieden / 8050 Zuschauer
sehen Klasse-Spiel
Leipzig. Es war ein denkwürdiger Sonnabend in Probstheida.
Er begann mit einer totalen Demontage, mündete in eine spannende
Aufholjagd und endete mit einer verdienten 2:5 (0:4)-Schlappe gegen eine
haushoch überlegene Magdeburger Mannschaft, deren Extraklasse alle
im Plache-Stadion anerkannten.
Einige VfB-Fans unter den 8050 Zuschauern gratulierten
den Gästen sogar mit Transparenten zur Meisterschaft. Während
2500 mitgereiste Magdeburger begeistert ihre Lieblinge feierten, nahm
VfB-Präsident Reinhard Bauernschmidt seine demoralisierten Spieler
nebst Trainer Achim Steffens nacheinander tröstend in die Arme: "Kein
Vorwurf, wir haben zu einem schönen, fairen und friedlichen Fußballfest
beigetragen."
Eigentlich wollten die Leipziger etwas anderes -
den Spitzenreiter schlagen, den Titelkampf noch einmal spannend machen.
Doch das erwies sich schnell als Wunschtraum, weil katastrophale Fehler
zu einer noch nie da gewesenen Demütigung in der ersten Halbzeit
führten.
Den ersten leistete sich Stefan Weber aus Eisenach.
Nach einem rüden Foul an Rico Kipping - der Mittelfeldmann musste
mit schwerer Sprunggelenk-Verletzung raus - entschied der Referee nicht
auf Freistoß, sondern gab Ecke für Magdeburg. Peter Maslej
sprang höher als Torsten Jülich - 0:1 nach acht Minuten und
der Anfang vom Ende. Der VfB entblößte unmotiviert die Deckung,
griff überstürzt an und wurde gnadenlos bestraft. Beim
0:2 (16.) startete Maik Franz hinter der Mittellinie, überlief die
auf Abseits spekulierenden Heiko Brestrich und Thorsten Görke und
schob ein. "Schulbubenhaft", kommentierte Trainer Steffens das
Abwehrverhalten. Beim 0:3 (28.) reichte Josef Ivanovic eine simple Finte
gegen Görke, um davon ziehen zu können - von Absicherung keine
Spur. Beim 0:4 (38.) legte René Groth unfreiwillig per Kopf für
Ivanovic vor. Das 0:5 (45.) vereitelte Davor Krznaric auf der Torlinie
gegen Franz. "Magdeburg ist in allen Belangen besser, so ängstlich
und desorganisiert hatte ich den VfB nicht erwartet", staunte der
"spionierende" BFC-Trainer Jürgen Bogs zur Pause. Diese
nutzte Achim Steffens zu einer Kabinenpredigt: "Wir haben über
Zweikampfführung und Männlichkeit gesprochen." Das half,
denn der VfB kehrte wie verwandelt zurück. Nach Görke-Freistoß
lenkte Krznaric zum 1:4 (48.) ein. Drei Minuten später verwertete
Jülich einen Krznaric-Pass zu einem feinen Solo - 2:4, die Partie
schien sich zu drehen, plötzlich wackelten die Gäste. Görke
per Freistoß und der eingewechselte Sebastian Gunkel hatten den
Anschlusstreffer auf dem Fuß, bei einem Kopfball von Frank Räbsch
(71.) schien er fällig zu sein. Doch FCM-Kapitän Bodo Schmidt
rettete auf der Linie, und im Gegenzug besorgte Vlado Papic unbedrängt
das 2:5. Die Schlussphase sah einen offenen Schlagabtausch mit fünf
hundertprozentigen FCM-Chancen gegen einen auseinander fallenden VfB.
Allein Torwart Gunnar Grundmann verhinderte ein Debakel. "Das war
der Staffelsieg", meinte anschließend Gäste-Coach Eberhard
Vogel, "besser als wir in der ersten Halbzeit kann man nicht spielen."
Achim Steffens konstatierte "große Qualitätsunterschiede"
zwischen beiden Teams, beklagte dazu eine Gelb-Rote Karte (89.) gegen
Görke ("übertrieben") und eine Knieverletzung von
Jülich. "Ich habe immer gesagt, das wird ein Lehrjahr für
uns", erklärte der VfB-Coach und fand doch noch Positives: "Solche
Spiele bringen uns weiter, solche Spiele braucht der Fußball-Osten."
Steffen Enigk
Fußballfans demolierten
drei Sonderzug-Wagen
Polizei verhinderte mit riesigem Aufgebot größere Ausschreitungen
rund um Oberliga-Spitzenspiel / Sieben Festnahmen
Für die Kulisse des Fußballspiels VfB Leipzig
gegen 1. FC Magdeburg am Sonnabend wurden mehr erfolgreiche Strategien
entworfen als für den Kick auf dem Rasen. Während Leipzigs Fußballer
unter die Räder kamen, blieb wenigstens die Polizei der Messestadt
Sieger und konnte trotz 2000 mitgereister Fans aus Sachsen-Anhalt größere
Ausschreitungen verhindern. "Boaah, Wasserwerfer", entfuhr es
gleich mehreren Magdeburger Anhängern, als sie am Gäste-Eingang
ankamen - nach knapp zweieinhalb Kilometern Fußmarsch vom Sonderzug,
der gegen 12.20 Uhr in Connewitz hielt, durch Lößnig am Silbersee
vorbei führte sie der Weg ins Stadion. Gleich drei der imposanten
Werfer hatte die Einsatzleitung zur Abschreckung auffahren lassen - neben
400 Beamten, sechs Rössern, 14 Hunden und einem Hubschrauber ein
vergleichsweise riesiges Aufgebot für ein Oberliga-Spiel. Insgesamt
26 Stadion-Verbote waren zudem im Vorfeld gegen bekannte Hooligans ausgesprochen
worden. Im Sonderzug hatte es bereits Ärger gegeben. Drei Waggons
mussten nach ihrer Ankunft aus dem Verkehr gezogen werden. "Lampen
und Dachluken wurden zerstört", so ein Bahn-Mitarbeiter. Angesichts
der Schäden sei vermutlich nicht an eine Rückfahrt zu denken.
Die Einsatzleitung der Polizei schmiedete Pläne für diesen Fall.
Zwanzig Minuten vor Spielschluss erst kam die Entwarnung: Ein Zug mit
vier Waggons fährt zurück. "Und wie sollen wir die da reinkriegen?",
fragte ein Polizist. "In sieben rappelvollen Waggons sind die doch
gekommen." Der Zug war schließlich hoffnungslos überfüllt,
rund 150 Magdeburger passten nicht mehr rein. Sie waren stinksauer, mussten
mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof und von dort zurück in ihre Heimat.
Sechs Fußballanhänger zwischen 18 und 33 Jahren nahm die Polizei
wegen Randalierens in Gewahrsam. Ein 39-Jähriger aus Irxleben wurde
gefasst, der ein Gaststätten-Fenster am Silbersee eingeschlagen hatte.
Am Ende resümierte Polizeisprecherin Birgit Schlegel: "Die Bilanz
ist aus polizeilicher Sicht positiv."
J. ter Vehn
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