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DFB-Pokal: Magdeburg besiegte in einer historischen
Partie Bayern München nach Elfmeterschießen 5:3
Im Spiel des Jahres schafft der
FCM die Sensation: Bayern rausgeworfen
Der große Traum hat sich erfüllt, die Sensation
ist perfekt: Fußball-Oberligist 1. FC Magdeburg besiegte gestern
Abend nach einem spannungsgeladenen Spiel im DFB-Pokal nach Verlängerung
und Elfmeterschießen den haushohen Favoriten FC Bayern München
mit 5:3 Toren.
Von Rudi Bartlitz
Magdeburg. Im Ernst-Grube-Stadion lieferten die Schützlinge
von Trainer Eberhard Vogel in ihrem Spiel des Jahres vor 27 000 Zuschauern
dem Meister eine beherzte Begegnung, über die noch Generationen reden
werden. Nachdem die Gastgeber durch Ofodile (64.) in Führung gegangen
waren, glich Salihamidzic 14 Minuten später aus. Mit diesem Remis
ging es auch in die Verlängerung, in der keinem Team ein weiteres
Tor gelang. Dann die Sensation: Während FCM-Torhüter
Dreszer die Elfmeter von Jeremies und Elber hielt, verwandelten für
die Gastgeber Schmidt, Ivanovic, Golombek und Hannemann. Das Stadion stand
anschließend minutenlang Kopf. Der FCM betrieb mit dieser leidenschaftlichen
Vorstellung vor einem Millionenpublikum, das diesen Knüller live
in der ARD verfolgte, Eigenwerbung. Nicht nur für die Spieler war
es ein denkwürdiger Abend, sondern auch für 22 Kinder, die in
einer Volksstimme-Aktion aus mehr als 2 725 Bewerbern ermittelt worden
waren und ihre Stars aufs Feld begleiten durften.
DFB-Pokal: Vogel-Schützlinge boten Meisterteam
120 Minuten beherzt Paroli
Dreszer entnervt München
– FCM nach Elfer-Pokalkrimi sensationell weiter
Einen hochdramatischen Pokalkampf erlebten gestern Abend
27 000 Zuschauer im ausverkauften Grubestadion. Der gastgebende Oberligist
1. FC Magdeburg bezwang den deutschen Rekordmeister Bayern München
nach Verlängerung und Elfmeterschießen sensationell
mit 5:3 (1:1 - 1:1,0:0). Bayern-Manager Uli Hoeneß meinte: „Kompliment.
Die haben gekämpft wie die Wahnsinnigen."
Von Uwe Tiedemann
Magdeburg. Jubelnd lagen sich die Pokalhelden in den Armen,
konnten ihr Glück kaum fassen. Vor allem Torwart Miroslav Dreszer,
der im Elfmeterschießen die Bälle von Jeremies und Elber meisterte,
wurde von seinen Mitspielern fast erdrückt. Vergessen
war bei allen Beteiligten der Zwischenfall, zu dem es bei der Ankunft
der Gäste im Stadion kam. Hooligans gingen auf den Bayer-Bus los,
traten Beulen in ihn hinein und beschädigten zwei Scheiben. FCM-Präsident
Rüdiger Deumelandt war fassungslos: „Idioten, Idioten!". Bayern-Pressechef
Markus Hörwick: „Das ist zwar sehr ärgerlich. Wir wollen das
Ganze jedoch nicht dramatisieren." Zum Spiel: Der
FCM, der ohne die verletzten Franz, Papic und auch Maslej (Bänderdehnung
beim Abschlusstraining am Dienstagabend) legte furios los, holte in den
ersten zwei Minuten gleich zwei Eckbälle heraus. Beim zweiten Versuch
flog der Ball durch den Fünf-Meter-Raum an Freund und Feind vorbei
ins aus - Glück für die Gäste. Dann aber unterstrich der
FC Bayern sogleich seine Gefährlichkeit. Wiesinger kam auf der rechten
Seite frei zum Schuss, verfehlte das Ziel nur knapp (5.). Mit zunehmender
Dauer übernahm dann der hohe Favorit zwar das Kommando, besaß
vor allem spielerisch die zu erwartenden Vorteile. Der Club hatte jedoch
vor allem seine Kampfkraft in die Waagschale zu werfen. Und das Konterspiel.
So wie in der 21. Minute, als Ofodile nach einem Steilpass auf und davon
ging, sein Schuss dann aber doch weit über den Kasten flog. Diese
Aktion hatte zumindest für kurze Zeit Signalwirkung. Die Blau-Weißen,
immer frenetisch angefeuert, sorgten für einige turbulente Szenen
im Bayern-Strafraum. Insgesamt entwickelte sich im
ersten Abschnitt ein packender Fight, wobei sich der Club das 0:0 zur
Pause redlich verdiente. Ein Sonderlob galt Koc und Rozgonyi, die Jancker
bzw. Zickler aufmerksam bewachten.
Zweite Hälfte: Der FCM knüpfte nahtlos an die
ersten 45 Minuten an, hatte längst jeglichen Respekt abgelegt. Und
dann brachen alle Dämme: Nach einem Gewühl im Bayern-Strafraum,
stocherte Ofodile das Leder im Fallen zum 1:0 über die Linie (64.).
Spätestens jetzt machten die Gäste richtig ernst. Schon im Gegenzug
rettete Zani im letzten Moment auf der Linie. Die Abwehrschlacht begann.
In der 78. Minute war es dann so weit, Salihamidzic glich mit einem Flachschuss
zum 1:1 aus. Im weiteren Verlauf lag der Siegtreffer
für die Hitzfeld-Truppe zwar förmlich in der Luft, doch der
Club rettete sich in die Verlängerung. Auch in der Nachspielzeit
hielt Dreszer seinen Kasten sauber. Jetzt kam es zum Elfmeter-Schießen.
Und da triumphierte erneut Dreszer.
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8,6 Millionen sahen FCM-Sensation
- Baustart für neues Stadion im April?
Der Sensations-Erfolg des 1. FC Magdeburg im DFB-Pokal
über den deutschen Fußball-Rekordmeister Bayern München
(5:3 nach Verlängerung und Elfmeterschießen) hat eine ganze
Region elektrisiert. Auch die Pläne für den Umbau des Grubestadions
erhalten dadurch neuen Aufwind.
Von Rudi Bartlitz und Jens-Uwe Jahns
Magdeburg. Als die Bayern gestern 0.38 Uhr - deprimiert
und ausgelaugt - von Cochstedt aus den Heimflug antraten, erreichten die
Jubelfeiern in Magdeburg gerade ihren Höhepunkt. Die Pokalhelden
feierten ausgelassen im Festzelt des Grubestadions, in der Stadt beherrschten
blau-weiße Fahnen und Schals die Szene. Die
TV-Einschaltquoten erreichten Länderspiel-Niveau. 8,6 Millionen Zuschauer
verfolgten in der Spitze die Begegnung. In Sachsen-Anhalt hatte die Übertragung
sogar einen Marktanteil von über 55 Prozent. Mit Spannung richtet
sich jetzt der Blick auf Sonntag: Dann wird in der ARD-Sportschau (ab
18.08 Uhr) der nächste Gegner des FCM ausgelost. „Ein
immenser Imagegewinn für unsere Stadt", freute sich Oberbürgermeister
Willi Polte. Ministerpräsident Reinhard Höppner wertete es als,
„ein hoffnungsvolles Signal für den sportlichen Wiederaufstieg".
Beim FCM quoll das Faxgerät über: Glückwünsche aus
allen Himmelsrichtungen, darunter auch aus dem Ausland. Selbst Gäste-Trainer
Ottmar Hitzfeld reihte sich in die Gratulantenschar ein: „Ein historischer
Sieg für Magdeburg und die Region.“ „Kompliment die haben gekämpft
wie die Wahnsinnigen", zollte auch Manager Uli Hoeneß Respekt. Der
sportliche Höhenflug beflügelt unterdessen auch die Pläne,
das Ernst-Grube-Stadion umzubauen. Bis 2005 soll das Areal für 60
Millionen Mark zu einer Fußballarena mit bis zu 30000 Plätzen
umgestaltet werden. Ziel ist es, zum DFB- Bundestag im April 2001 in Magdeburg
den Grundstein zu legen. Nach Informationen der Volksstimme hat die Landesregierung
signalisiert, das Projekt mit 50 Prozent der Gesamtkosten, maximal 30
Millionen Mark, zu fördern. Der Leiter des Magdeburger Sportamtes,
Helmut Hönel, glaubt, dass das Bayern-Spiel in den Köpfen der
Landesregierung einen gewaltigen Ruck" gegeben habe. Hönel: „Nie
waren die Chancen für ein neues Stadion größer als jetzt.“
Für das Team um Trainer Eberhard Vogel, das dem Vernehmen
nach eine Prämie von insgesamt etwa 100 000 Mark erhalten soll (Präsident
Deumeland: „Zahlen nenne ich nicht, es ist aber eine dem Erfolg angemessene
Prämie"), war es eine kurze Nacht. Für 10 Uhr hatte der Coach
für die Pokalhel den bereits wieder Training angesetzt.
FCM-Pokaltriumphe machen das Land großzügig
Noch ein Traum wird wahr: Bis
2005 moderne Fußballarena
Die jüngsten Pokaltriumphe des 1. FC Magdeburg gegen
Köln und München könnten zur letzten Initialzündung
für den seit Jahren geplanten Stadionumbau werden. Die Fußballbegeisterung
hat um auch die Landesregierung erfasst - sie signalisiert Fördermittel
in Höhe von 30 Millionen Mark. Das neue Stadion soll bis 2005 am
alten Standort fertig sein.
Von Jens-Uwe Jahns
Magdeburg. „Nie waren die Chancen für ein modernes
Fußballstadion größer als jetzt", sagte Sportamtsleiter
Helmut Hönel gestern gegenüber der Volksstimme. Spätestens
seit dem Grundsatzbeschluss des Stadtrates vom 9. September 2000, nachdem
das Grubestadion von Grund auf saniert werden soll, nimmt der Traum realistische
Züge an. In Vier-Augen-Gesprächen zwischen Stadt und Land will
Magdeburgs Sportbeigeordneter Dr. Rüdiger Koch herausgehört
haben, dass das Land bereit ist, 50 Prozent der Sanierungskosten, maximal
30 Millionen Mark, locker zu machen. Insgesamt 60 Millionen würden
ausreichen, um an der Stelle des alten Stadions eine moderne Mehrzweckarena
ohne Leichtathletikbahnen zu schaffen. Auch private Beteiligungen, zum
Beispiel durch Marketingfirmen, die dann ihrerseits an der Werbung im
Stadion verdienen, seien vorstellbar. Damit könnte die Stadt ihren
Anteil drücken. Im VIP-Zelt übertrug sich
am Mittwochabend jedenfalls die Begeisterung auf Innenminister Püchel,
Kultusminister Harms und Sozialministerin Kuppe. Dr. Koch nutzte am Biertisch
die Gunst der Stunde clever aus: „Jetzt nein zu sagen, wäre doch
landespolitisch höchst unklug, oder?" Unterdessen
bastelt Magdeburgs Hochbauamtsleiter Rüdiger Jahnel schon an der
Ausschreibung für die Vorplanung. 156 Architekturbüros aus ganz
Europa hatten sich für den Auftrag interessiert. Unlängst waren
zehn ausgewählte Büros in Magdeburg, stellten ihre ersten Ideen
vor. Bis Ende November dieses Jahres, so Jahnel, soll der Planungsauftrag
ausgelöst werden - sofern der Stadtrat zustimmt. Bis
April 2001 - dann tagt in Magdeburg der DFB-Bundestag -will er die Fördermittelzusage
vom Land in der Tasche haben. Helmut Hönel: „Unser Ziel ist es, zum
DFB-Bundestag, den Grundstein für den Stadionumbau zu legen." 2005
soll das Stadion fettig sein. Hönel: „Der Termin ist wichtig, weil
wir noch etwas vom WM-Kuchen abbekommen möchten. Am Rande der WM
2006 in Deutschland suchen die Nationen Trainingslager und Austragungsorte
für Freundschaftsspiele." Jahnel hat klare Vorstellungen
vom neuen, alten Stadion: „Ich möchte die vorhandenen Flutlichtmasten
einbeziehen, weil sie ja ein Stück östliche Stadtsilhouette
ausmachen." Um Varianten auszuloten und um Fehler zu vermeiden, hatten
sich Jahnel und Hönel in den vergangenen Monaten die Stadien in Arnheim,
Gelsenkirchen, Leverkusen und Rostock vor Ort angesehen. Jahnel: „Da haben
wir viel gelernt." So sei fast überall der Fehler gemacht worden,
bei den Neu- oder Umbauten zwar den VIP-Gästen Komforttribünen
vor die Nase zu setzen, dabei aber habe man den Rasen sträflich vernachlässigt.
„Überdachte Stadien haben den Nachteil, dass sie dem Rasen nehmen,
was er unbedingt braucht: Sonne und Luft." In Arnheim müsse der komplette
Rasen aus dem Stadion auf eine riesige Wiese gezogen werden, damit er
Sonne und Luft bekommt. Die Kosten sind gigantisch. Jahnel: „Das könnten
wir uns gar nicht leisten. Wir brauchen ein Stadion, das dem Rasen Luft
zum Atmen lässt."
Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld nach FCM-Sensationssieg
im DFB-Pokal ein fairer Verlierer
„Magdeburg hat Geschichte geschrieben“
„So ein Tag, so wunderschön wie heute...“ Mit Stimmungsliedern,
Champagnerduschen und Freudentänzen feierten die Oberliga-Kicker
des 1. FC Magdeburg ausgelassen den historischen 5:3 (1:1, 0:0)-Erfolg
nach Verlängerung und Elfmeterschießen in der zweiten DFB-Pokalrunde
gegen Titelverteidiger und Rekordmeister FC Bayern München. Die Kabine
des Clubs - sie glich einem Tollhaus.
Von Uwe Tiedemann und Rudi Bartlitz
Magdeburg. Der Sieg hatte deswegen historischen Wert, weil
es zuvor noch nie gelungen war, den großen, scheinbar übermächtigen
FC Bayern zu bezwingen. Zweimal zog man im Europacup den kürzeren,
dreimal in Freundschaftsspielen.
Die meisten Pokalhelden dürften wie Bodo Schmidt eine
recht kurze Nacht gehabt haben. Zumal es bis nach Mitternacht noch zahlreiche
Interviewwünsche zu erfüllen galt und gestern vormittag um 10
Uhr schon wieder Training angesagt war. „Nach einem solchen Erlebnis findet
man so leicht keinen Schlaf. Der Adrenalinspiegel ist einfach noch zu
hoch. Nach ein paar Bierchen geht's dann aber ...“, beschrieb der Kapitän
einen der denkwürdigsten Abende im legendären Grubestadion.
„Kompliment an die Magdeburger, die Geschichte geschrieben
haben. Vor allem die Abwehr stand kompakt. Sie haben an den Sieg geglaubt,
alles gegeben und letztlich verdient gewonnen. Ich bin natürlich
maßlos enttäuscht. Wer zu wenig für die Offensive tut
und es innerhalb von zwei Stunden nicht schafft, mehr als ein Tor zu schießen,
baut automatisch den Gegner auf,“ zeigte sich Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld
als fairer Verlierer. Und auch die von Schmidt beschriebene Szene war
gentleman-like: „Ich habe ja unter Hitzfeld und seinem Assistenten Michael
Henke fünf Jahre bei Borussia Dortmund gespielt. Sie kamen zu unserer
Kabine, haben sich beide nett von mir verabschiedet." Als der Mannschaftsbus
eine Viertelstunde vor Mitternacht das Stadiongelände wieder verließ,
saßen Hitzfeld, Hoeneß und Co. aber wie versteinert auf ihren
Plätzen.
Währenddessen ebbte der Jubel auf Magdeburger Seite
nicht ab. Als „Vater des Erfolges“ gilt in erster Linie Trainer Eberhard
Vogel. Der 57-jährige Fußball-Lehrer hatte es verstanden, seine
Jungs optimal einzustellen. Und das, obwohl mit Franz, Maslej und Papic
gleich drei Leistungsträger verletzungsbedingt nicht zur Verfügung
standen.
„Dieser Sieg über die Bayern ist der wichtigste Erfolg
für den Magdeburger Fußball seit dem Europacup-Sieg 1974 -
er ist das größte seit Jahrzehnten. Aber jetzt ist es ebenso
wichtig, dass wir unser Hauptziel, den Aufstieg in die Regionalliga, nicht
aus dem Auge verlieren.“ Und mit einem Glas Bier in der Hand, ergänzte
der DDR-Oberligarekordspieler (440 Einsätze): sehr nachdenklich:
„Man sieht, auch Träume gehen manchmal in Erfüllung. Jetzt werde
ich mindestens einen Tag benötigen, um das alles zu verdauen."
Den gestrigen Donnerstag verbrachte Vogel in Jena im Kreise
seiner Familie (das morgentliche Training leitete Martin Hoffmann). Auch
weil Gattin Angela, die am Mittwoch mit nach Magdeburg gekommen war, um
das Bayern-Spiel zu erleben, Geburtstag hatte („Von einem Geburtstagsgeschenk
in Form eines Sieges war nicht die Rede„).
Wer waren aus seiner Sicht die besten Spieler? Vogel sprach
von einer geschlossenen Mannschaftsleistung, fügte dann nach einigem
Zögern hinzu: „Dreszer, Schmidt, dann vielleicht Holz. Generell war
ich mit der gesamten inneren Deckung sehr zufrieden.“
Dass es trotz des Sensationssieges keinen Tag „Sonderurlaub“
für seine Truppe gab, begründete Vogel so: „Da darf kein Schlendrian
einreißen. Am Wochenende haben wir ein wichtiges Spiel in Dessau.
Die Vorbereitung darauf ist ohnehin schwieriger als auf das Bayern-Spiel.“
Und was bedeutet der Sieg über Bayern generell? „Ich sehe darin auch
einen Erfolg für den Fußball im Osten. Es darf keine Sache
der Gewöhnung werden, dass Traditionsvereine wie Magdeburg und Dynamo
Dresden heutzutage in der 4. Liga spielen. Das ist eine Katastrophe, das
muss sich so schnell wie möglich ändern.“
Pokal-Spielfilm
Um 23.10 Uhr war die Sensation
perfekt - 5:3
Magdeburg (tn). Die Höhepunkte des DFB-Pokal-Dramas
am Mittwoch im Grubestadion zwischen dem FCM und Bayern München zeichnet
die Volksstimme noch einmal nach:
2. Minute: Der Club erwischt einen guten Start, holt gleich
zwei Eckbälle heraus.
4. Minute: Bayern greift gefährlich über die rechte
Seite durch Wiesinger an - vorbei.
21. Minute: Ofodile (FCM) läuft auf Kahn zu, schließt
aber zu überhastet ab.
24. Minute: Sergio verfehlt das FCM-Tor nur um Zentimeter.
30. Minute: Der Club hält noch immer ein 0:0 - der
erste Achtungserfolg.
31. Minute: Lücke (FCM) kommt aus 18 Metern volley
zum Schuss - drei Meter zu hoch.
45. Minute: Schiri Jansen (Essen) pfeift zur Pause. Tosender
Beifall für den FCM.
55. Minute: Die FCM-Fans stimmen die La-Ola-Welle an.
64. Minute: Gewühl vorm Bayern-Tor. Ofodile kommt im
Fallen zum Schuss, der Ball wird noch abgefälscht, trudelt zum 1:0
über die Linie.
71. Minute: Zani rettet in höchster Not auf der Linie.
Mancher Bayern-Akteur hatte den Ball schon im Tor gesehen.
78. Minute: Der eingewechselte Salihamidzic gleicht zum
1:1 aus.
92. Minute: Jansen pfeift ab Verlängerung.
112. Minute: Foul an Salihamidzic im FCM-Strafraum. Jansen
drückt beide Augen zu - kein Elfer. Riesenglück für den
FCM.
118. Minute: Zani köpft bei der größten
Chance des FCM in der Verlängerung knapp vorbei.
120. Minute: Abpfiff und damit Elfmeterschießen. Die
Spannung steigt ins Unermessliche.
1:2 Sergio
2:2 Schmidt
Jeremies scheitert an Dreszer
3:2 Ivanovic
Dreszer pariert in toller Manier auch seinen zweiten Elfmeter
von Elber - Die Fans toben.
4:2 Golombek
4:3 Sagnol
5:3 Hannemann - die vorzeitige
Entscheidung zu Gunsten des FCM (Zani muss als fünfter
Schütze nicht mehr ran). Die Stadionuhr zeigt 23.10 Uhr die Pokal-Sensation
ist perfekt.
FCM-Torhüter Dreszer wehrte zwei Elfmeter ab
„Das war das beste Spiel meiner
Karriere“
Von Uwe Tiedemann
Magdeburg. Miroslav Dreszer war gestern gegen 14 Uhr leicht
genervt: „Es ist nicht zu glauben. Seit zwei Stunden hat meine Frau Mariola
das Mittagessen fertig. Aber ständig klingelt unser Telefon.“ Kein
Wunder, dass der 35-jährige Torhüter des 1. FC Magdeburg plötzlich
so im Rampenlicht steht. Mit zwei gehaltenen Elfmetern hatte „Miro“ maßgeblichen
Anteil am 5:3-Sensationssieg des Oberligisten in der zweiten DFB-Pokalrunde
gegen den FC Bayern München. „Ich bin jetzt
24 Jahre dabei. Das war das beste Spiel meiner Karriere“, befand der Schlussmann,
der fast immer gut gelaunt ist, bei den FCM-Fans unangefochten als Publikumsliebling
gilt und stets einen lockeren Spruch auf Lager hat. Nach einem solchen
Verlauf natürlich erst recht. „Unsere Fans waren unser 12. Spieler.
Da mussten die Bayern ja verlieren.“ Oder: „Der zweite Elfmeter war sehr
gut geschossen, die Leistung des Torhüters aber Weltklasse.“ Oder:
„Der Trainer hatte mir vorm Elfmeterschießen den Tipp gegeben: Rechter
Fuß, rechte Ecke.“ Diese entscheidenden Minuten
kurz nach 23 Uhr, als zunächst Jeremies, dann auch Elber an Dreszer
gescheitert waren, schildert der FCM-Torhüter so: „Komisch, aber
ich war ganz ruhig und traute mir zu, einen Ball halten zu können.
Dass ich dann gleich zwei Elfmeter abgewehrt habe, war natürlich
ein Traum.“ Mit seinem Gegenüber Oliver Kahn
sprach er nur ganz kurz: „Wir haben uns alles Gute gewünscht, das
war's“, so Dreszer, dessen Wunsch, das Trikot von Kahn zu ergattern, aber
nicht in Erfüllung ging. „Die Bayern waren alle ziemlich böse
und dann schnell verschwunden. Schade, aber eine normale Reaktion.“
Doch nicht nur in Deutschland war die denkwürdige Begegnung
im Fernsehen zu sehen, auch in Dreszers Heimatland Polen lief die Partie,
wenn auch zeitversetzt, über den Bildschirm. Es
gab also reichlich Gelegenheit, sich von Dreszers Fähigkeiten zu
überzeugen. Da könnte es durchaus Angebote von anderen Klubs
geben. Doch hier winkt Dreszer sogleich ab: „Ich habe meinen Vertrag bis
2003 verlängert, bleibe in Magdeburg, weil es meiner Familie und
mir gut gefällt. Ich möchte meine Karriere hier beenden, vorher
natürlich so schnell wie möglich aufsteigen.“ Und da ist er
dann mit seinen Gedanken sogleich beim nächsten Auswärtsspiel
am Sonntag (14 Uhr) in Dessau. „Wir müssen jetzt so schnell wie möglich
unsere Euphorie ablegen. Es wird trotzdem schwer genug.“ Dreszer geht
sogar soweit, dass er sagt: „Vor den Bayern hatte ich Respekt. Vor Dessau
habe ich sogar ein bisschen Angst.“
Kinowelt-Chef Michael Kölmel im Volksstimme-Interview:
„Entscheidung für den FCM
hat sich als richtig erwiesen“
Erstmals sass bei einem Spiel des 1. FC Magdeburg der Vorstandschef
des Medienunternehmens Kinowelt, Michael Kölmel, auf der Tribüne.
Kinowelt-Tochterfirma Sportwelt ist der wichtigste Finanzier des FCM.
Mit Kölmel sprach Rudi Bartlitz.
Volksstimme: Oberliga-Tabellenführer, im Pokal
jagt eine Sensation die andere sportlich müssten Sie mit Ihrem Partner
FCM doch sehr zufrieden sein.
Kölmel: Das bin ich auch. Es beweist zudem,
dass unsere damalige Entscheidung für den FCM als einen wichtigen
Traditionsklub im Osten richtig war und sich langsam auszuzahlen beginnt,
zumindest sportlich.
Volksstimme: Was erwarten Sie denn in dieser Saison
von Ihrem Partner, sportlich?
Kölmel: Der Erfolg über die Bayern ist
sensationell, einfach ein Traum, Ich habe von Anfang an gesagt, ich fahre
nach Magdeburg, um mitzuerleben, wie der FC Bayern gestürzt wird.
Volksstimme: Aber der Pokal ist nur das eine.
Kölmel: Natürlich. Die Mannschaft hat das
Ziel, den Aufstieg in die Regional-liga zu schaffen. Dem sollte alles
untergeordnet werden. Am besten wäre es deshalb, schon einige Spiele
vor Saisonschluss das Klassenziel erreicht zu haben, damit man sich dann
voll auf die noch anstehenden Qualifikations-Begegnungen vorbereiten kann.
Bei der jetzigen Überlegenheit in der Oberliga muss man allerdings
auch in Rechnung stellen, dass der FCM zweifellos den hoch karätigsten
Kader besitzt.
Volksstimme: Zum wesentlich Schwierigeren, dem Finanziellen.
Kölmel: Sicher war die Trennung von Manager
Lamm für den Klub und uns eine Nagelprobe. Nebenbei: Das hat auch
uns einiges gekostet. Prinzipiell sind wir jetzt aber in einer Entwicklungsphase,
wo es langsam wieder aufwärts gehen könnte. Dazu muss sich der
Verein aber zu der Erkenntnis durchringen, dass ein Budget dazu da ist,
eingehalten zu werden. Auf jeden Fall sind wir gewillt, zu unseren finanziellen
Zusicherungen zu stehen.
Volksstimme: Welche Lehren ziehen Sie aus all dem?
Kölmel: Natürlich haben die Vereine im
Nordosten einen Standortnachteil. Der muss ausgeglichen werden. Das geht
aber nur über vernünftiges Wirtschaften. Es geht aber meist
dann schief, wenn einstige Nachteile in einer Weise kompensiert werden
sollen, die dann doch sehr an finanzielle Großmannssucht erinnern.
Stimmen
Jürgen Mahncke, Sprecher des FCM-Partners Sportwelt:
„Die Reputation des FCM ist deutschlandweit unheimlich angestiegen. Auch
finanziell wird sich die Situation durch das Weiterkommen im Pokal entspannen.“
Marcel Maltritz, Ex-FCM-Kicker und jetzt in Diensten
des VfL Wolfsburg: „lch bin gleich nach unserem Sieg gegen Hertha zum
Fernseher gestürzt. Eine Riesensensation. Es freut einen doch, wenn
eine unterklassige Mannschaft einen Bundesligisten aus dem Rennen wirft
- erst recht, wenn die unterklassige Mannschaft mein ehemaliges Team ist.“
Hans-Georg Moldenhauer, DFB-Vizepräsident: „Fantastisch.
Eine sensationelle Leistung des FCM. Vor allem auch deswegen, weil er
nicht nur mit dem Rücken zur Wand stand, sondern voll dagegengehalten
hat.“
Dirk Stahmann, FCM-Verwaltungsratsmitglied: „Hut
ab vor unserer Mannschaft. Sie soll den Triumph feiern, sich dann aber
so schnell wie möglich wieder auf den Alltag konzentrieren.“
Oliver Kahn, Bayern-Torwart: „Ich möchte ganz
sachlich feststellen, ohne den Sieg der Magdeburger schmälern zu
wollen: Wir sind auch in diesem Spiel in einer entscheidenden Szene, nämlich
beim Foul an Salihamidzic in der 112. Minute, klar benachteiligt wurden.“
Andreas Golombek, FCM-Akteur: „Unser Trainer hat
uns Mut gemacht und gesagt: Jeder Bayern-Spieler hat auch nur zwei Füße.
Aber im Ernst: Er besitzt entscheidenden Anteil am Sieg, weiß ganz
genau, wie er sich gegenüber den einzelnen Spielern mit völlig
verschiedenen Charakteren zu verhalten hat. Genau das macht eine gute
Mannschaft aus, nicht etwa die Millionen.“
Splitter
AUSLOSUNG: Die Paarungen des DFB-Pokal-Achtelfinales
werden am kommenden Sonntag im Rahmen der ARD-Sportschau (ab 18.08 Uhr)
ermittelt. Glücksfee ist der Kölner Regisseur Sönke Wortmann.
Der 1. FC Magdeburg hat als einziger verbliebener Oberligist auf jeden
Fall Heimrecht. Die dritte Runde findet am 28./29. November statt.
SONDERPRÄMIE: Der Sieg gegen Bayern zahlt sich
für die FCM-Kicker in barer Münze aus. Der amtierende Präsident
Rüdiger Deumelandt wollte die Summe von 100 000 Mark zwar weder bestätigen
noch dementieren, sagte aber: „Wir werden den Erfolg angemessen honorieren.
Allerdings sollte ein Verein, der noch vor nicht allzu langer Zeit am
Tropf hing, den Ball flach halten.“
BRUSTSPONSOR: Durch das Börsen-Fachblatt „Euro
am Sonntag“ auf dem Trikot der Spieler konnten sich Club und FCM-Partner
Sportwelt über eine weitere lukrative Einnahmequelle freuen (knapp
100000 Mark). Diesbezüglich gab es auch Überlegungen, mit dem
gerade angelaufenen Kinowelt-Film zu werben. „Der Titel lautet ,Sex oder
stirb'. Das hätte für einige aber vielleicht doch zu Missverständnissen
geführt“, flachste Sportwelt-Sprecher Jürgen Mahncke.
ANZEIGE: Nach der Beschädigung des Bayern-Mannschaftsbusses
(Kosten rund 15 000 Mark) beim Einparken auf dem Stadiongelände stellte
das Münchner Busunternahmen noch am Mittwoch Strafanzeige. Damit
ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft gegen „Unbekannt“. Bayern-Pressechef
Markus Hörwick zu diesem Zwischenfall: „Die Hauptursache ist sicherlich
die veraltete Bausubstanz des Stadions. Es ist ein Unding, wenn ein Mannschaftsbus
an Tausenden von Fans vorbeifahren muss.“ Ansonsten gab es aus Sicht der
Polizei um das Spiel keine „besonderen Vorkommnisse“. (tn)
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